Grußwort von Bischof Rudolf Voderholzer
Die erstrebte Erneuerung der gesamten Kirche hängt zum großen Teil vom priesterlichen Dienst ab – Optatam totius Ecclesiae renovationem […] a sacerdotum ministerio […] magna ex parte pendere” (OT 1). Mit diesen programmatischen Worten beginnt das Dekret Optatam totius über die Ausbildung der Priester des Zweiten Vatikanischen Konzils. Die Konzilsväter, unter ihnen auch der Regensburger Bischof Dr. Rudolf Graber, hatten es am 28. Oktober 1965 approbiert und veröffentlicht. Die Erneuerung der Kirche war dem Regensburger Bischof ein besonderes Anliegen. Wer seine Ansprachen und Predigten liest, spürt, wie sehr er sich in den zwanzig Jahren seines bischöflichen Dienstes dafür eingesetzt hat, die Menschen zu Christus zu führen und dadurch zu einer fortwährenden Erneuerung der Kirche beizutragen.
Die Priesterausbildung lag ihm deshalb auch besonders am Herzen. Bereits am Tag seiner Bischofsweihe, am 2. Juni 1962, schrieb er in seinem Grußwort an die Priester im Bistum: „Die Erneuerung der Kirche, die sich der Heilige Vater vom kommenden Konzil erwartet, können wir jetzt schon beginnen. Wir alle, Bischof und Priester sind Diakone. Dieses Diakonat der Liebe sind wir den Gläubigen schuldig, aber auch der Kirche und der Welt“ (zit. nach: Ludwig Scharf, Sorge um Priesternachwuchs, in: Paul Mai [Hg.], Dienen in Liebe. Rudolf Graber Bischof von Regensburg, München / Zürich 1981, 137–156, hier: 137). Und in seiner Predigt am 8. Dezember 1963 rief er den Gläubigen beseelt von der Verabschiedung der Liturgiekonstitution Sacrosanctum concilium zu: „Die religiöse Erneuerung unseres Bistums geht vom Altar aus“ (Rudolf Graber, Verkünde das Wort. Predigten, Ansprachen, Vorträge, Regensburg 1968, 23). Vor diesem Hintergrund ist auch sein Engagement für die Priesterausbildung zu verstehen. Im Jahr 1972, 10 Jahre nach dem Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils und 1000 Jahre nach der Ernennung des hl. Wolfgangs, des Bistumspatrons und Patrons des Priesterseminars, zum Bischof von Regensburg, wurde auf seine Initiative und mit dem Einverständnis des Bischofs von Innsbruck Dr. Paul Rusch ein überdiözesanes Priesterseminar für den 3. Bildungsweg in Schwaz / Tirol errichtet. Bischof Graber war der Überzeugung, dass der Weg zum Priestertum auch denen offenstehen müsse, die weder am Gymnasium noch an einer Spätberufenenschule das Abitur hatten machen können. 1975 wurde die Ausbildungsstätte nach Heiligenkreuz und 2007 nach Regensburg verlegt. Seitdem stellt das nach seinem Gründer umbenannte „Studium Rudolphinum“ eine feste Größe im Bistum Regensburg dar.
Das pädagogisch speziell konzipierte Studium sowie das Leben und die Ausbildung im Priesterseminar werden hier unter einem Dach zu einer fruchtbaren Lebenseinheit verbunden. Bischof Gerhard Ludwig Müller war es ein großes Anliegen, die Seminaristen der beiden Bildungswege schon von Beginn ihres Studiums an zusammen zu führen, damit sie sich gut kennen lernen und im Hinblick auf die verschiedenen Berufs- und Berufungsbiografien gegenseitig bereichern können. Darüber hinaus war es ihm wichtig, dass für die Seminaristen, die auf dem 3. Bildungsweg Theologie studieren, ein eigener, auf ihre Situation abgestimmter Studiengang konzipiert werde. Auf eine mehr als vierzigjährige, segensreiche Wirksamkeit können wir nun zurückblicken. Etliche Regensburger Bistumspriester konnten hier ihr Theologiestudium absolvieren. Ebenso Ordensleute und Priester anderer Diözesen. Ich bin meinen Vorgängern, allen voran Bischof Rudolf Graber, zu großem Dank verpflichtet. Ich blicke heute aber auch auf eine Ausbildungsstätte, die mit großem Engagement und mit hoher theologischer Kompetenz dem Anspruch von Optatam totius gerecht wird, in dem das Konzil vom theologischen Studium Folgendes fordert: „Die theologischen Fächer sollen im Licht des Glaubens unter Führung des kirchlichen Lehramtes so gelehrt werden, dass die jungen Theologen die katholische Lehre sorgfältig aus der göttlichen Offenbarung schöpfen, tief in sie eindringen, sie für ihr geistliches Leben fruchtbar machen und sie in ihrem künftigen priesterlichen Dienst verkünden, darlegen und verteidigen können“ (OT 16). Mein Dank gilt deshalb auch dem heutigen Direktor, Prof. Dr. Christoph Binninger, und dem gesamten Lehrkollegium. Gemeinsam arbeiten sie daran, die Qualität des Bischöflichen Studiums Rudolphinum kontinuierlich zu verbessern und den Seminaristen und allen anderen Hörern eine fundierte und gesunde Theologie zu vermitteln.
Das Bischöfliche Studium Rudolphinum stellt eine wichtige Säule der Priesterausbildung im Bistum Regensburg dar und macht den theologischen Standort Regensburg auch für andere Institutionen interessant. Ich wünsche dem „Rudolphinum“, dem Lehrkollegium, den Studenten und Mitarbeitern Gottes reichen Segen.
Regensburg, am Hochfest der Apostel Peter und Paul, den 29. Juni 2015
Grußwort von Gerhard Kardinal Müller im Jahr 2007
Mein Blick geht am Anfang dieses neuen Jahrhunderts auch nach vorne. Große Umbrüche und Herausforderungen stehen vor der katholischen Kirche in Deutschland, auch vor der Kirche von Regensburg. Das Thema der Neuevangelisierung wird zu einem immer brennenderen Thema, dem wir uns im Auftrag Christi stellen müssen. Darum gilt es auch nach neuen Wegen in der Priesterausbildung zu suchen. Dies hat mich bewogen, den Studiengang des „Dritten Bildungsweges“ in die Diözese Regensburg, näherhin in die Räumlichkeiten des Priesterseminars „St. Wolfgang“ zu holen. Das „Collegium Rudolphinum“ kehrt in seine angestammte Heimat zurück. Damit erfüllt sich auch ein lang gehegter Wunsch von Bischof Dr. Rudolf Graber. Ihm zu Ehren soll der errichtete Studiengang des „Dritten Bildungsweges“ auch den Namen „Studium Rudolphinum“ tragen.
Zu diesem Schritt, das „Studium Rudolphinum“ in die Diözese zurückzuholen, haben mich einige wichtige pastorale Überlegungen geführt. Ich halte es für notwendig, dass der Zusammenhalt des Presbyteriums gestärkt wird. Nur in der Einheit untereinander können wir vor den Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte erfolgreich bestehen. Um diesen Zusammenhalt des Presbyteriums von Anfang an zu stärken, möchte ich, dass die Seminaristen der Diözese nicht in zwei getrennten Gruppen in Regensburg und in Heiligenkreuz studieren und leben. Sie sollen vielmehr sich gemeinsam auf ihren priesterlichen Dienst vorbereiten und sich untereinander kennenlernen, so dass sie sich aufeinander verlassen können. Ich sehe es als eine persönliche Bereicherung an, wenn Priesteramtskandidaten – Abiturienten, Spätberufene oder Männer, die schon in vielfältigem Berufsleben gestanden haben – mit ihren unterschiedlichen Berufungswegen miteinander leben und den gemeinsamen Alltag gestalten. Dies ist sowohl für den Einzelnen als auch für die Gemeinschaft des Priesterseminars befruchtend und erweitert die eigenen Horizonte.
Ein weiterer Grund pädagogischer Art hat mich bewogen, einen eigenständigen und speziellen Studiengang für den „Dritten Bildungsweg“ am Priesterseminar zu errichten. Ich bin der Meinung, dass dadurch die individuelle Lebensgeschichte dieser Priesteramtskandidaten bei der Vermittlung der Studieninhalte mehr berücksichtigt werden kann. In kleineren Lerngruppen unter der Leitung erfahrener Dozenten ist eine gezielte pädagogische Förderung des Einzelnen besser möglich als dies ein großer Universitätsbetrieb zu leisten vermag. Gerade in einem stärker persönlichen Kontakt zwischen Studierenden und Lehrenden können die Lerninhalte durch diese dialogische Struktur leichter vertieft und verständlicher dargelegt werden, so dass der Priesteramtskandidat am Ende seines Studiums über eine gute und ausgewiesene philosophisch-theologische Kenntnis verfügt. Dies ist die unverzichtbare Voraussetzung, um als priesterlicher Verkündiger der Frohen Botschaft zu den Menschen gesandt zu werden.
Das „Studium Rudolphinum“ am Priesterseminar Regensburg ist somit in dieser neuen und reformierten Form neben dem Studienhaus St. Lambert in Burg Lantershofen die einige spezifische Ausbildungsstätte des „Dritten Bildungsweges“ zum Priestertum in Deutschland, die Priesterseminar und eigenständigen, speziellen Studiengang zu einer Lebenseinheit verbindet. Darum steht diese Einrichtung wie bisher in Heiligenkreuz auf Anfrage auch anderen Diözesen und Orden grundsätzlich offen.
Ich wünsche dem „Studium Rudolphinum“, seinen Dozenten und seinen Studenten Gottes reichen Segen und bitte Sie, dieses Werk zu unterstützen.
Regensburg, den 26. April 2007