Vorlesungsverzeichnis Studienabschnitt-II

Dogmatik
Dozent: Prof. Dr. Christoph Binninger

De Trinitate
„Aus der Dreieinigkeitslehre, nach dem Buchstaben genommen, lässt sich schlechterdings nichts fürs Praktische machen, wenn man sie gleich zu verstehen glaubte, noch weniger aber, wenn man innewird, dass sie gar alle unsere Begriffe übersteigt. – Ob wir in der Gottheit drei oder zehn  Personen zu verehren haben, wird der Lehrling mit gleicher Leichtigkeit aufs Wort annehmen, weil er von einem Gott in mehreren Personen (Hypostasen) gar keinen Begriff hat, noch mehr aber, weil er aus dieser Verschiedenheit für seinen Lebenswandel gar keine verschiedene Regeln ziehen kann.“ (I. Kant, Der Streit der Fakultäten = WW (Weischedel) IX, Darmstadt 1971, 303 f.)
„Die ‚Revolution’ des Gottesbildes, die durch den Glauben an … den dreifaltigen Gott in der Menschheitsgeschichte eingesetzt hat, ist kaum zu ermessen. Sie hat sogar unser eigenes, christliches Bewusstsein noch nicht bis zum tiefsten Grund durchdrungen. Dass Gott ganz und gar Mitteilung, sich verströmendes Leben, dass er in sich geschlossene Seligkeit und lautere gegenseitige Hingabe ist, das dreht nicht nur das menschliche Bild von Gott um; es betrifft auch unser Selbstverständnis, unser Verständnis der Welt.“ (Kl. Hemmerle, Glauben – wie geht das?, Freiburg/ Br. 1978,147.)
Die Vorlesung möchte sich an das zentrale Geheimnis des Christentums, die Trinität, herantasten und die grundlegende Bedeutung für unsere christliche Existenz herausarbeiten. In einem I. Teil wird die biblisch-theologiegeschichtliche Entfaltung des trinitarischen Dogmas dargelegt. Im folgenden II. Teil soll die Theologie der Dreifaltigkeit systematisch entfaltet werden. (3 SWS)

Literatur:
GRESHAKE, G., Der dreieine Gott. Eine trinitarische Theologie, Freiburg/ Br. 1997.
KKD II.
Rahner, K., Der dreifaltige Gott als transzendenter Urgrund der Heilsgeschichte: MySal II, 317-404.
Augustinus, De Trinitate.

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Patrologie
Dozent: Prof. Dr. Christoph Binninger

Kirchenväter II
Die Zeit von Kaiser Konstantin d. Gr. bis zu Augustinus
Die sogenannte „konstantinische Wende“ (313) bildet einen tiefen Einschnitt im Leben der Kirche. Eine neue Epoche beginnt. Die „Kirche der Katakomben“ wird zur Staatskirche (396). Das 4. Jahrhundert bringt auch in der Theologie eine Vielzahl prägender Gestalten hervor: Athanasius, Hilarius von Poitiers, Basilius d. Gr., Gregor von Nazianz, Gregor von Nyssa, Cyrill von Jerusalem, Ambrosius u. a.
Eine in diesem Umfang bisher nicht erreichte systematische Reflexion über grundlegende theologische Fragen (z. B. Identität Jesu Christi, Trinität usw.) setzt ein. Ihre Frucht bilden die ersten großen Konzilien der Kirche. (2 SWS)

Literatur:
Altaner, B. / Stuiber, A., Patrologie. Leben, Schriften und Lehre der Kirchenväter. Freiburg/ Br. 1978.
Drobner, H., Lehrbuch der Patrologie, Freiburg/ Br. 1994.
Friedrowicz, M. Theologie der Kirchenväter. Grundlagen frühchristlicher Glaubensreflexion, Freiburg/ Br. 2007.
Friedrowicz, M., Apologie im frühen Christentum. Die Kontroverse um den christlichen Wahrheitsanspruch in den ersten Jahrhunderten, Paderborn ³2000.
Primärquellen:  Fontes christiani; BKV²

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Moraltheologie
Dozent: Prof. Dr. Clemens Breuer

Spezielle Moraltheologie: bioethische Fragestellungen (I)
Seit mehreren Jahrzehnten stellen uns die biomedizinischen Erkenntnisse mit ihren zahlreichen neuen Anwendungsfeldern vor ethische und moralische Herausforderungen, die in vorangegangenen Zeiten nicht oder allenfalls am Rande thematisiert und einer Antwort zugeführt werden brauchten. Das – im Vergleich zu heute – große Maß an „Nicht-Wissen“ früherer Generationen im Bereich der Biomedizin äußerte sich nicht zuletzt dadurch, dass die Menschen in der Regel Behinderung, Krankheit und Tod als unvermeidbares Schicksal hinnahmen, das dem göttlichen Willen entsprach.
In der Vorlesung werden zunächst grundlegende Begriffe der bioethischen Auseinandersetzung aufgegriffen und erläutert. Unterschiede und Gemeinsamkeiten einer säkularen Bioethik und einer theologischen Lebensethik werden angesprochen. Neben der Frage nach dem Tötungsverbot (im Generellen, wie in Bezug auf Abtreibung und Euthanasie), werden die Sexualität des Menschen, reproduktionsmedizinische Techniken, gentechnologische Möglichkeiten und die Organtransplantation thematisiert. (3,5 SWS)

Literatur:
Enzyklika „Evangelium vitae“ von Papst Johannes Paul II. über den Wert und die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens (= Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls, Nr. 120), Bonn 1995.
Enzyklika „Humanae vitae“ über die rechte Ordnung der Weitergabe menschlichen Lebens (= Nachkonziliare Dokumentation, Bd. 14), Trier 4. Auflage 1979 (1. Auflage 1968).
Instruktion der Kongregation für die Glaubenslehre über die Achtung vor dem beginnenden menschlichen Leben und die Würde der Fortpflanzung. Antworten auf einige aktuelle Fragen (= Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls, Nr. 74), Bonn 1987.
Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland/ Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.): Sterbebegleitung statt aktiver Sterbehilfe. Eine Textsammlung kirchlicher Erklärungen (= Gemeinsame Texte, Nr. 17), Hannover/Bonn 2003.
Lexikon der Bioethik, Bd. 1-3 (hg. von Wilhelm Korff u.a.), Gütersloh 2000.
Lexikon der christlichen Ethik (auf der Grundlage des Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Auflage; hg. von Gerfried W. Hunold), Bd. 1-2, Freiburg/Br. 2003.
BREUER, C., Person von Anfang an? Der Mensch aus der Retorte und die Frage nach dem Beginn des menschlichen Lebens, Paderborn 2. Auflage 2003.
GRAF, R., Klonen: Prüfstein für die ethischen Prinzipien zum Schutz der Menschenwürde, St. Ottilien 2003.
SCHOCKENHOFF, E., Ethik des Lebens. Grundlagen und neue Herausforderungen, Freiburg/Br. u.a. 2009.

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AT-Exegese
Dozent: Prof. Dr. Oliver Dyma

Messianische Hoffnungen
Für die christliche Rezeption des Alten Testaments spielen messianische oder messianisch interpretierte Texte eine zentrale Rolle, auch wenn die Entwicklung messianischer Hoffnungen aus der Perspektive des Alten Testaments nicht unbedingt zentral ist. Die Vorlesung zeichnet die Entwicklung messianischer Ideen und Zukunftshoffnungen auf dem Hintergrund geschichtlicher Entwicklungen und damit verbundener eschatologischer Vorstellungen nach: wichtige Elemente der israelitischen Königsideologie, nachexilische Hoffnungen auf die Restitution der Monarchie, Entwicklung apokalyptischer Vorstellungen, erwartete Etablierung der Königsherrschaft JHWHs mit und ohne menschlichem Repräsentanten.
Besonderes Augenmerk liegt in dieser Veranstaltung auf den Prophetentexten. Über die Königspsalmen gibt es eine Querverbindung zum parallel angebotenen Seminar. (3 SWS)

Literatur:
COLLINS A. Y./ COLLINS, J. J., King and Messiah as Son of God: Divine, Human, and Angelic Messianic Figures in Biblical and Related Literature, Grand Rapids, MI 2008.
DYMA, O., Messianische Erwartungen im Alten Testament, in: Ruhstorfer, Karlheinz: Christologie (utb 4942), Stuttgart 2018, 15–68.
FABRY, H.-J., Altes Testament, in ders./Scholtissek, Klaus: Der Messias. Perspektiven des Alten und Neuen Testaments (NEB Themen 5), Würzburg 2002.
FITZMYER, J. A., The One Who is to Come, Grand Rapids, MI 2007.
JEREMIAS, J., Theologie des Alten Testaments (ATD.E, GAT 6), Göttingen 2015.
KAISER, O., Der eine Gott Israels und die Mächte der Welt. Der Weg Gottes im Alten Testament vom Herrn seines Volkes zum Herrn der ganzen Welt (FRLANT 249), Göttingen 2013.
KAISER, O., Der Messias nach dem Alten und Neuen Testament, in: BThZ 31 (2014), 64–107.
SCHÄFER, P., Zwei Götter im Himmel. Gottesvorstellungen in der jüdischen Antike, München 2017.
STRUPPE, U. (Hg.): Studien zum Messiasbild im Alten Testament (SBAB.AT 6), Stuttgart 1989.
WASCHKE, E.-J., Der Gesalbte. Studien zur alttestamentlichen Theologie (BZAW 306), Berlin 2001.
ZENGER, E., Vom christlichen Umgang mit messianischen Texten der hebräischen Bibel, in: Stegemann, Ekkehard (Hg.), Messias-Vorstellungen bei Juden und Christen, Stuttgart 1993, 129–145.

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AT-Exegese
(Seminar)
Dozent: Prof. Dr. Oliver Dyma

Psalmen
Die Psalmen sind uns aus Liturgie und persönlichem Gebet vertraut. Mit Ihnen bringen noch heute Menschen ihre Anliegen, ihre Bitten, ihre Klagen, aber auch ihren Dank und ihr Lob vor Gott. Sie sprechen uns noch heute mit ihrer existentiellen Sprache an und können zur Grundlage eigener Spiritualität werden. Auf der anderen Seite sind Psalmen uns fremd. Sie enthalten anstößige Bilder und uns unangenehme Aussagen wie etwa die sog. Feind- oder Fluch-Psalmen. Eine reiche Fülle von Themen aus ganz unterschiedlichen Zusammenhängen ist in den Psalmen enthalten: Schöpfungstheologie, Königstheologie, Reflexionen über die Tora, JHWH-Königspsalmen, Psalmen für die Feste Israels … Wir wollen im Seminar mit verschiedenen Psalmen einen Querschnitt durch das Psalmenbuch legen. Die genaue Textauswahl hängt auch vom Interesse der Teilnehmer ab. Wir werfen aber auch einen Blick auf die Gesamtstruktur und die Entstehungsgeschichte des Psalters und seiner Teilsammlungen. (2 SWS)

Literatur:
GERSTENBERGER, E. S., Arbeitsbuch Psalmen, Stuttgart 2015.
HOSSFELD, F.-L., BREMER, J., Trägerkreise in den Psalmen (Bonner Biblische Beiträge 178), Göttingen 2017.
JANOWSKI, B., Konfliktgespräche mit Gott. Eine Anthropologie der Psalmen, Neukirchen-Vluyn, 4. Aufl. 2013.
SCHNOCKS, J., Psalmen (utb 3473), Stuttgart 2014.
WEBER, B., Werkbuch Psalmen I+II, Stuttgart 22016; II, III, Stuttgart 2010.
ZENGER E., HOSSFELD, F.-L., Psalmen (Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament), 2007 und 2008.
ZENGER, E., Psalmen. Auslegungen in zwei Bänden, Freiburg u.a. 2011.

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Pastoraltheologie
Dozent: Prof. Dr. Veit Neumann

Gottes reale Heilszeichen – Zugang zu einem angemessenen Verständnis der Sakramente heute
Das Glaubenswissen in der Pfarrei hat abgenommen. Das sakramentale Leben junger Menschen findet weniger Unterstützung als in vergangenen Zeiten, in denen die Teilhabe  an den Sakramenten selbstverständlich war. Welche Zugänge zum Verständnis für das Wesen der Sakramente gibt es, die auf diese Befunde reagieren können oder, die über das Bisherige hinausgehen?
Untersucht werden in dieser Hinsicht die Sakramente der Taufe, der Eucharistie, der Buße, der Firmung und insbesondere – angesichts neuer Herausforderungen – der Ehe. (2 SWS)

Literatur:
EMEIS D., Zwischen Ausverkauf und Rigorismus. Zur Krise der Sakamentenpastoral, Freiburg et al. 1992.
Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Sakramentenpastoral im Wandel. Überlegungen zur gegenwärtigen Praxis der Feier der Sakramente – am Beispiel von Taufe, Erstkommunion und Firmung, Bonn 1993.
WAHL H., Lebenszeichen von Gott – für uns. Analysen und Impulse für eine zeitgemäße Sakramentenpastoral, Münster et al. 2008.
WOLLBOLD A., Taufe – Firmung – Eucharistie – Trauung. Grundlagen und Gestaltung der Sakramentenpastoral, Regensburg 2020.

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Kirchenrecht
Dozent: Prof. Dr. Yves Kingata
Sakramentenrecht (ohne Eherecht und Initiationssakramente)
Die Vorlesung stellt die wichtigsten Elemente der Ordnung des Sakramentenrechts (CIC/Buch IV) der Kirche in ihrem rechtlichen Zusammenhang und vor dem Hintergrund ihrer theologischen Begründung sowie Einordnung dar. Der Akzent wird insbesondere auf die Sakramente der Krankensalbung, Beichte und Weihe gesetzt. Zudem behandelt die Lehrveranstaltung die Sakramentalien und die heiligten Zeiten. (2 SWS)

Literatur:
AYMANS W., Kanonisches Recht. Lehrbuch aufgrund des Codex iuris canonici Begründet von Eduard Eichmann, fortgeführt von Klaus Mörsdorf, neu bearbeitet von Winfried Aymans, 13., völlig neu bearb. Aufl., Bd. III, Paderborn u.a. 2007.
HAERING, S., REES W., SCHMITZ, H., (Hg.), Handbuch des katholischen Kirchenrechts, 3. Aufl. grundlegend neubearb., Regensburg 2015.
LUEDICKE K. (Hg.), Münsterischer Kommentar zum Codex Iuris Canonici unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Essen seit 1985 (Loseblattwerk; Stand des Gesamtwerks: 47. Lfg., Februar 2018) (mit periodisch aktualisiertem Quellen- und Literaturverzeichnis).
FABER; E.-M., Einführung in die katholische Sakramentenlehre, Darmstadt 2009
OHLY, C., Ein Plädoyer für die Belebung einer außerkodikarischen Form des Bußsakraments, in: AfkKR 170 (2001) 74-105.
RHODE, U., Kirchenrecht, Stuttgart 2015.
MUELLER L., OHLY C., Katholisches Kirchenrecht: ein Studienbuch, 2. Aufl., Paderborn 2022.
Papst Franziskus, Verkündigungsbulle „Spes non confundit“ zum ordentlichen Jubiläumsjahr 2025, in: https://www.vatican.va/content/francesco/de/bulls/documents/20240509_spes-non-confundit_bolla-giubileo2025.html (abg. 21.1.2025)

Rechtsfragen des Verhältnisses von Kirche und Staat in Deutschland und Europa
Das System der rechtlichen Beziehungen von Kirche und Staat ist in Deutschland stabil geordnet. Dabei aber zeigt es sich auch für Weiterentwicklung offen, wie man es zunehmend im europäischen Kontext betrachten kann. In verschiedenen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union begegnen je eigene, historisch gewachsene Modelle der Zuordnung der Kirchen bzw. anderer Religionsgemeinschaften zum Staat. Der mehr oder minder fortschreitende Prozess der staatlichen Einigung Europas erfordert es, dass auch für diesen Bereich europäisches Rahmenrecht entwickelt wird. Die Lehrveranstaltung greift wichtige Fragen aus diesem Themenfeld auf und versucht, Perspektiven für die Zukunft offenzulegen. (2 SWS)

Literatur:
BERKMANN, B., Die Europäische Union und die Kirchen: Zwei Formen des Dialogs und deren Entwicklungsmöglichkeiten im Vergleich, in: Johann Hirnsperger u.a. (Hg.), In mandatis meditari: Festschrift für Hans Paarhammer zum 65. Geburtstag, Berlin 2012, 999-1017.
MUCKL, S., Das deutsche Staatskirchenrecht als Rahmen für den Auftrag der Kirchen im freiheitlichen Verfassungsstaat: EssGespräch 48 (2015) 107-128.
HAERING, S., REES W., SCHMITZ H. (Hg.), Handbuch des katholischen Kirchenrechts, 3. Aufl. grundlegend neubearb., Regensburg 2015.
RHODE U., Kirchenrecht, Stuttgart 2015.
MUELLER L., OHLY C., Katholisches Kirchenrecht: ein Studienbuch, 2. Aufl., Paderborn 2022.
DE WALL, H., MUCKEL S., Kirchenrecht, 6. Aufl. München 2022.

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NT-Exegese
Dozent: Prof. Dr. Hans-Ulrich Weidemann
Zeichen und Wort. Die Semeia-Erzählungen im Johannesevangelium
Nicht umsonst gilt das vierte Evangelium in der Alten Kirche als das „geistige Evangelium“ (euaggelion pneumatikon, so Clemens von Alexandrien): Sein hohes Reflexionsniveau und seine tiefe Durchdringung von Person und Werk Jesu Christi, seine christologischen und pneumatologischen Grundeinsichten, seine literarische Meisterschaft und seine Kunst, elementare Grundaussagen des Glaubens „besonders gut formuliert zu haben“ (J. Becker), bestätigen dies in jedem Kapitel. Dies betrifft insbesondere die Erzählungen der Wunder Jesu. Aus den spektakulären „Machttaten“, mit denen der synoptische Jesus exemplarisch die Gottesherrschaft aufrichtet, sind hier hochsymbolische „Zeichen“ Jesu geworden, die die den Lesern des Evangeliums das göttliche Wesen Jesu und sein lebenschaffendes Wirken erschließen.
Gerade bei diesem hochtheologischen Buch sind aber noch deutliche Spuren seiner Entstehungssituation zu erkennen. Dies ist kein Zufall, denn die erzählte Geschichte Jesu Christi wird überblendet mit der Situation seines Trägerkreises, das Buch ist also geprägt vom „Ineinander von Vita Jesu und eigener kirchlicher Erfahrung“ (M. Theobald): So ist im Unterschied zu den Synoptikern gerade im Kontext einer „Zeichen“-Erzählung vom „Synagogenausschluss“ jener Juden zu lesen, die an Jesus glauben (9,22; vgl. 12,46; 16,1–4), zugleich ist abschätzig von „glaubenden Juden“ die Rede, die „aus Furcht“ im Synagogenverband verbleiben wollen. In den „Zeichen“ soll den Adressaten also Jesu Herrlichkeit erschlossen werden, aber auch das Schicksal derer verarbeitet werden, die wie der Blindgeborene aufgrund eben dieses Glaubens „hinausgeworfen“ werden.
In der Vorlesung werden die sieben johanneischen „Zeichen“ aus der ersten Hälfte des Evangeliums ausgelegt, indem ihre literarische Struktur und ihr christologischer Diskurs nachgezeichnet und mit der noch erkennbaren historischen Situation seines Trägerkreises und seinen zeitgeschichtlichen Denkvoraussetzungen in Beziehung gesetzt werden. (2 SWS)

Literatur
Zur Einführung (Ökumenische Bibelwoche 2024/25)
WEIDEMANN H.-U., Einführung und Exegesen der johanneischen Zeichenerzählungen, in: Svenja Neumann/ Fabian Vogt (Hg.), Wenn es Himmel wird. Sieben Zeichen aus dem Johannesevangelium, Texte zur Bibel 40. Ökumenische Bibelwoche 2024/25, Arbeitsbuch, Neukirchen, 2024.
Wissenschaftliche Literatur (Auswahl):
BECKER J., Johanneisches Christentum. Seine Geschichte und Theologie im Überblick, Tübingen 2006.
POPLUTZ, U., Die johanneischen semeia und ihre Funktion im Plot des vierten Evangeliums, in: Dies./ J. Frey (Hg.), Erzählung und Briefe im johanneischen Kreis (WUNT II/420), Tübingen 2016, 1-24.
WEIDEMANN H.-U., From Cana to Cana, from Jews to Gentiles? Observations on the Johannine Cana-Cycle (John 2-4), in: T. Nicklas et al. (Eds.), History and Theology in the Gospels (WUNT 447), Tübingen 2020, 391-416.
WEIDEMAN H.-U., Maria, Hilfe der Christen: ein Fest und sein Evangelium. Liturgiegeschichtliche und exegetische Beobachtungen zur johanneischen Kana-Erzählung (Joh 2, 1-11), in: J. Kreiml/ J. Werz (Hg.) Mariahilf. Geschichte – Theologie – Frömmigkeit, Regensburg 2021, 83-131.
WELCK C., Erzählte Zeichen. Die Wundergeschichten des Johannesevangeliums literarisch untersucht. Mit einem Ausblick auf Joh 21 (WUNT 2/69), Tübingen 1994.
ZEILINGER F., Die sieben Zeichenhandlungen Jesu im Johannesevangelium, Stuttgart 2011.
ZIMMERMANN R. (Hg.), Kompendium der frühchristlichen Wundererzählungen, Gütersloh 2013.

Deutschsprachige Kommentare zum Johannesevangelium:
BULTMANN, R. Das Evangelium des Johannes (KEK 2), Göttingen (21. Aufl.) 1986.
DIETZFELBINGER, C., Das Evangelium nach Johannes I-II (ZBK, 4, 1/2), Zürich 2001.
SCHNACKENBURG, R., Das Johannesevangelium I-IV (HThK 4, 1/2), Freiburg etc. 51981. 1984.41985. 51986.
SCHENKE, L., Johannes. Kommentar (Kommentare zu den Evangelien), Düsseldorf 1998.
SCHWANK, B., Evangelium nach Johannes. Erläutert für die Praxis. St. Ottilien 32007.
THEOBALD, M., Das Evangelium nach Johannes I (RNT 4), Regensburg 2009.
THYEN, H., Das Johannesevangelium (HNT 6), Tübingen 22015.
WILCKENS U., Das Evangelium nach Johannes (NTD 4), Göttingen 1998.
ZUMSTEIN J., Das Johannesevangelium (KEK 2), Göttingen 2016.

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Griechische Lektüre zur Vorlesung
Dozent: Prof. Dr. Hans-Ulrich Weidemann
In der Lektüreübung werden die in der Vorlesung behandelten Zeichenerzählungen des Johannesevangeliums aus dem griechischen Text übersetzt, es werden grammatische und philologische Probleme besprochen sowie die narrative und theologische Tiefendimension der Erzählungen rekonstruiert. (Texte und Materialien werden bereitgestellt.)